Imam al-Ghazâlî
von Muhammad HANEL vorgestellt für den FREITAGSCLUB am 4.10.2013
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Abû-Hâmid Muhammad ibn-Muhammad al- Ghazâlî zählt wohl zu jenen Persönlichkeiten, die sowohl in der islamischen als auch in der westlichen Welt außergewöhnlich bekannt sind und wohl auch bewundert – doch eben auch mit bemerkenswerter Skepsis betrachtet werden.
Vielleicht deshalb, weil seine Persönlichkeit in keine der beliebten „boxes“, Schablonen und Kategorien passen mag?
Ich spreche von jenen Kategorien – ohne welche allerdings manch beengter Geist nicht auszukommen vermeint und vermag – von jenen Kategorien, die vom größten Geschenk, welches vom Schöpfer allen Seins dem Menschen verliehen wurde – in jedem Falle willkürlicher Beschränkung gesprengt werden müssen!
Sie möchten wissen, von welchem Geschenk ich spreche? Es ist die Weite und Freiheit menschlichen Geistes!
Und so wird bis heute zwar hochgelehrt gestritten, ob der Imam wohl eher ein Theologe, ein Jurist, ein Philosoph, ein Politiktheoretiker oder ein Mystiker, ein Sufi oder gar ein vom rechten Weg abgekommener war, der schließlich und letztlich als quasi verlorener Sohn wieder Heim zu den Salaf zurückkehrte.[1]
Und da dieser Vortrag vom Freitagsklub veranstaltet wird, soll hier ganz bewusst und stets die Frage nach dem Bezug zur heutigen Zeit gestellt und manche Antwort darauf gegeben werden, isA.
So darf an dieser Stelle, gleich zu Beginn darauf verwiesen werden, dass es zeitlose Wahrheit ist, dass eine gute Antwort oft an eine gut gestellte Frage gebunden ist und daher darf gleich gefragt werden:
Ist es denn so unmöglich, so schwer zu denken, dass Abû-Hâmid Muhammad ibn-Muhammad al- Ghazâlî sowohl ein glaubenstreuer Muslim war, der Islam, Imaan und Ihsan in lebenslanger Bemühung in Einklang miteinander brachte und darüber hinaus auch als wahrer Philosoph, ernsthafter Theoretiker und ergebener Mystiker zu bezeichnen wäre? Warum erfreut das trennende „entweder oder„ sich so viel größerer Beliebtheit, als das versöhnend einende „sowohl als auch„? Eine Frage, die in jeder Epoche menschlicher Entwicklung zwar immer und immer wieder gestellt wird, doch noch viel öfter in totalitärem, eindimensionalem Richtungsdiktat und Gehabe unterdrückt und eine ordentliche Antwort verweigert wurde.