AUFSATZ: Der bewaffnete Kampf im Islam

Hier eine Weiterführung zum Thema:

AUFSATZ: Der bewaffnete Kampf im Islam

OM KARIM fragte:

Salam, ich habe den Aufsatz nun 2x durchgelesen und hoffe ihn wie gemeint verstanden zu haben.

Meine Frage wäre nun, im Falle eines islamischen korrekten Staates, wäre es also legitim den weniger islamische Nachbarstaat mit Waffengewalt zu erobern, nach der islamisch korrekten Vorgehensweise, auch wenn keine Bedrohung von diesem ausginge?

Liebe Sandra, M. Hanel, möge Gott euch belohnen für eure Mühen!

Asalamualeikum

HANELs ANTWORT:

Alaikum Salam Schwester

Eine im Grunde einfache Frage.

Einen (Staats)Nachbarn anzugreifen, von dem KEINE Bedrohung ausgeht, scheint mir keinesfalls islamisch gerechtfertigt zu sein.

Kurz gesagt: Abessinien sei mir hier die deutliche Untermauerung meiner Aussage durch das vom Propheten (a.s.s.) geprägte Beispiel.

Noch einige Worte zum Artikel der mir unbekannten Schwester Sandra – ich schätze ihren Einsatz – das Wort Ideologie verwende ich niemals im Zusammenhang mit einer Religion, da eine Ideologie stets auf dem alleinigen Denken des Menschen gründet. Die Religion aber im transzendenten Urgrund – dem Schöpfer.

Zur „Eroberungsstrategie“ habe ich mal vor einigen Jahren einen Aufsatz geschrieben. Vielleicht ist dieser auch in der einen oder anderen Hinsicht hilfreich.

https://hanelislam.com/2014/12/15/islam-strategie/

OM KARIM fragte weiter:

Asalamualeikum, noch zwei Fragen, die mir schon öfter gestellt wurden und auf die ich noch keine, auch für mich nicht, befriedigende Antwort gefunden habe.

Sind Schutzbedürftige in einem Kalifat den Muslimen gegenüber benachteiligt?

Was geschieht mit Angehörigen von nicht Buchreligionen?

Ma alf salama

Om Karim

HANELs ANTWORT:

Liebe Schwester, wa alaikum Salam

2 Fragen, besonders die zweite, von welchen ich denke, dass sie von den Gelehrten im heutigen historischen Kontext neu formuliert werden müssten. Auch ich vermisse diesbezüglich klare Antworten, gestehe aber, dass ich nicht sonderlich intensiv danach geforscht habe.

Erlaube mir meine Ansichten diesbezüglich darzulegen und lasse mich gerne belehren, sollte ihnen aus theologischen Gründen widersprochen werden müssen.

Sind Schutzbedürftige in einem Kalifat den Muslimen gegenüber benachteiligt?

Das kommt auf die Definition der Benachteiligung an.

Kurz gesagt, sind „Dhimmis“, Schutzbefohlene im islamischen Staat vollwertige Staatsbürger mit einigen Einschränkungen:

Militärdienst:

Sie sind NICHT verpflichtet, den Militärdienst zu leisten – unter bestimmten Umständen kann ihnen dies allerdings zugestanden (wobei ihnen die Dschiziya erlassen wird) oder auch gänzlich verwehrt werden.

Steuern:

Sie sind NICHT verpflichtet, die islamische Zakat (Vermögenssteuer zugunsten definierten empfangsberechtigten Empfängern) zu entrichten.

Aus diesen beiden Ausnahmen, welchen die muslimischen Staatsbürger unterworfen sind, wird von den Dhimmis die Dschiziya („Wehrersatzsteuer“) eingehoben. Auch hier sind vollständige Ausnahmen möglich (z.B. chr. Mönche).

Es darf angemerkt werden, dass die Dschiziya oft weniger ausmachte, als die durchschnittliche Zakat, die von Muslimen eingehoben wurde. Daher kann man hier NICHT wirklich von einer (finanziellen) Benachteiligung reden.

Politik:

Dhimmis sind staatliche Ämter nicht verwehrt – ausgenommen das Amt des Staatsoberhauptes, des Kalifen.

Wenn man also den Ausschluss vom Militärdienst, geringe Personenstands- oder Wehrersatzsteuer und die Unmöglichkeit Staatsoberhaupt zu werden als Benachteiligung ansieht … nun denn.

Religion:

Die Anhänger der Buchreligionen dürfen im Prinzip ihre religiöse Riten ungestört ausüben (Kirchen-, Synagogenbetrieb, Familienrecht, Erbrechtsfreiheit, Bestattung, …) – das heißt, dass die Gemeinschaften der Buchreligionen grundsätzlich den Status der ÖFFENTLICH RECHTLICHEN ANERKENNUNG im ISLAMISCHEN STAAT genießen. Ziemlich fortschrittlich, nicht wahr? Davon können die muslimischen Gemeinschaften im, in der „FREMDEN-LAND“ heute weltweit nur träumen.

Handel:

Jeglicher Handel und sonstige staatsbürgerliche Betätigung steht den Dhimmis völlig frei.

Nun zur zweiten Frage, die auch für mich die heiklere ist.

Was geschieht mit Angehörigen von nicht Buchreligionen?

Ein bekanntes religiöses Oberprinzip im Islam lautet:

„KEIN ZWANG zum GLAUBEN“ (2:256) oder „Euch EUER GLAUBE, mir MEIN GLAUBE“ (109:6)

Oberprinzipien sind dazu da, um bei spezifischen Fällen als Richtlinien zu gelten. Die Frage, ob sich dies NUR auf Leute der Buchreligionen bezieht, ist für mich wirklich eine akademische und natürlich mit NEIN zu beantworten (bezieht sich obiger Vers denn nicht auf „Mushrikun“ (Götzenverehrer) und „Kafirun“ (Glaubensverweiger)?)

Begründung:

Sind die Leute des Buches doch im Verständnis den Muslimen, dem Islam viel näher als Menschen anderer Religionen und mögen der klaren Rechtleitung nicht folgen und KÖNNEN ihrer STURHEIT, EINbildung, … wegen den Islam nicht annehmen und DÜRFEN (daher) NICHT zur ANNAHME gezwungen werden. Wäre eine NICHTFREIWILLIGE Annahme des Islams und die im Prinzip unfreiwillige Aufnahme in die muslimische Gemeinschaft letztlich doch gesellschaftsdestabilisierend und wirkte religionszersetzend – dies gilt umso mehr, wenn solch eine zwanghafte Aufnahme und Annahme des Islam Menschen aufoktroyiert würde, die z.B. einer Naturreligion in Papua Neuguinea (zu meiner Schulzeit nannte man diese Leute noch „Menschenfresser“ und heute gibt es doch MUSLIME unter ihnen) aufzwingen wollte.

NUR die FREIWILLIGE Annahme des ISLAM „macht“ einen MUSLIM!

Hier ist auch noch zu berücksichtigen, dass die Frage, ob der Staat, der Stamm (von Anhängern einer Nichtbuchreligion) von Nichtmuslimen, von welchen KEINE Gefahr ausgeht, angegriffen werden darf – mit einem klaren NEIN beantwortet wurde (was bei ausgewiesenen Kopfjägern allerdings und womöglich als fraglich zu bezeichnen wäre).

Ein Teil Papua Neuguineas ist heute Teil des indonesisch muslimischen Staatsgebietes – und ich denke, dass die Leute dort halbwegs ordentlich, gemäß islamischen Prinzipien behandelt werden (mir ist nichts Gegenteiliges bekannt). Ein Teil verharrt in ihrer traditionellen Kultur, einige wurden Christen, andere Muslime, weitere Kapitalisten … und viele sind zwischen den Fronten einsam und verloren.

Dass animistische Riten auf islamischem Staatsgebiet als Haram zu gelten haben und in der Öffentlichkeit nicht in Erscheinung treten dürfen, und Verstöße geahndet werden müssen, ist klar. Auch das säkular christliche Australien verbietet die Kopfjagd der Papuas.

Nun soweit einige Überlegungen in diese Richtung.

Ich sehe wirklich KEINE Probleme in der Umsetzung der islamischen Aqida (Glaubensgewissheit), um eine menschliche, gerechte und friedfertige Weltgemeinschaft zu bilden … allerdings mit blinder Gewalt wird dies nie und nimmer funktionieren.

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